Was sind Cannabinoide und was können sie?
Cannabinoide sind chemische Verbindungen, die in der Hanfpflanze vorkommen. Ihnen verdankt Cannabis seine Wirkung und damit seine Berühmtheit.
THC und CBD wurden als erste entdeckt und sind heute die bekanntesten Cannabinoide. Welche es noch gibt, was sie können und warum wir Menschen überhaupt auf sie “anspringen”, verraten wir dir in diesem Beitrag.
Das Wichtigste in Kürze
- Cannabinoide werden von der Cannabispflanze gebildet (“Phytocannabinoide”)
- Sie ähneln den menschlichen Endocannabinoiden, wichtigen Botenstoffen zur Steuerung von Glück, Schmerz, Motorik, Verdauung, etc.
- Hanf enthält über 100 verschiedene Cannabinoide – THC und CBD sind die bekanntesten
- viele der bekannten Cannabinoide wirken schmerzlindernd und entzündungshemmend
Welche Arten von Cannabinoiden gibt es?
Je nach Art ihrer Entstehung unterscheidet man 3 Arten von Cannabinoiden:
- Phytocannabinoide stammen aus Pflanzen – hauptsächlich aus Hanfpflanzen der Sorten Cannabis Sativa und Cannabis Indica. Mittlerweile wurden aber auch ähnliche Verbindungen in Echinacea, verschiedenen Gewürzpflanzen, der Kavapflanze und der Teepflanze nachgewiesen.
- Endocannabinoide sind Cannabinoide, die der menschliche Körper (und der von Säugetieren) selbst herstellen kann. Sie sind wichtige Botenstoffe, die innerhalb unseres Endocannabinoidsystems verschiedenste lebenswichtige Prozesse steuern.
- Synthetische Cannabinoide werden künstlich hergestellt und den Phytocannabinoiden oder Endocannabinoiden nachempfunden.
Wir widmen uns in diesem Artikel den Phytocannabinoiden der Hanfpflanze. Um ihre Wirkungsweise in unserem Gehirn und Nervensystem zu erklären, machen wir zu Beginn auch einen kleinen Abstecher zu den Endocannabinoiden.
Wie funktionieren Cannabinoide?
Auf der Suche nach einer Erklärung, was Hanf als Heilpflanze Cannabis oder als Rauschpflanze Marihuana mit unserem Körper anstellt, entdeckte und isolierte der Forscher Raphael Mechoulam am israelischen Weizmann-Institut für Wissenschaften Anfang der 1960er Jahre die beiden Cannabinoide CBD und THC.(1)(2)
Warum diese Stoffe im menschlichen Körper eine Wirkung hervorrufen können, wurde erst in den 1990er Jahren erkannt: Damals wurden spezielle Cannabinoid Rezeptoren entdeckt, an denen die Cannabinoide andocken können.
Wenig später folgte die Entdeckung der Endocannabinoide – jener Cannabinoide, die unser Körper selbst herstellen kann und die perfekt in diese Rezeptoren passen. In ihrer Funktion als Botenstoffe (Neurotransmitter) docken sie bei Bedarf an die Cannabinoidrezeptoren an und beeinflussen Vorgänge wie Schmerzempfinden, Glücksgefühle, Appetit, Bewegungs- und Lernprozesse bis hin zu Prozessen im Immunsystem. Dieses “Endocannabinoidsystem” gilt heute als wichtiger Teil unseres Nervensystems.
Das bekannteste Endocannabinoid, das unser Körper selbst herstellt, nennt sich Anandamid und wird auch oft als “Glücksmolekül” bezeichnet, weil es eine wichtige Rolle spielt bei der Steuerung von Appetit, Belohnung und Lust, aber auch bei der Empfindung von Schmerzen. Anandamid kann mit beiden bislang bekannten Cannabinoidrezeptoren direkt interagieren. Das sind einerseits die CB1 Rezeptoren, die sich überwiegend an Nervenzellen im Kleinhirn, in den Basalganglien und im Hippocampus befinden, und andererseits die CB2 Rezeptoren an Zellen des Immunsystems und an jenen, die für den Knochenbau zuständig sind.
Die Phytocannabionide der Cannabispflanze sind unseren Endocannabinoiden sehr ähnlich und können ebenfalls mit den Cannabinoidrezeptoren interagieren. Dockt nun ein Cannabinoid wie THC oder CBD anstelle von unseren körpereigenen Neurotransmittern an die Rezeptoren an, hat das natürlich Auswirkungen auf verschiedene Funktionen im Körper. Wie ähnlich sich zum Beispiel THC und Anandamid sind, verdeutlicht dieses Bild:
Gut zu wissen: Alle Säugetiere verfügen über ein Endocannabinoidsystem. Deshalb nutzen immer mehr Haustierbesitzer und Tierärzte das Potenzial von Cannabisprodukten auch für vierbeinige Patienten. Am Markt gibt es bereits viele CBD Produkte, die speziell auf Hunde, Katzen und Pferde abgestimmt sind.
Wo und warum bildet die Hanfpflanze Cannabinoide?
Die Hanfpflanze bildet ihre Cannabinoide in Harzdrüsen. Besonders viele dieser feinen Drüsenhaare (Trichome) findet man an den Blütenständen der weiblichen Pflanzen. Auch an den Blättern sind sie zu finden, allerdings nicht so viele. Stängel, Wurzeln und Samen enthalten keine nennenswerten Mengen an Cannabinoiden.
Nun fragst du dich vielleicht, warum macht die Hanfpflanze das bloß? Die Cannabinoide zählen zu den sekundären Pflanzenstoffen – d.h. sie sind nicht so überlebenswichtig wie Chlorophyll, aber sie bringen doch einen gewissen Nutzen. In diesem Fall sollen sie die Pflanze schützen – einerseits vor Fressfeinden, andererseits aber auch vor Bakterien und Pilzen.
Welche Cannabinoide gibt es und wieviele?
In Pflanzenart Cannabis Sativa konnten bis heute 113 verschiedene Cannabinoide identifiziert werden – an manchen Stellen liest man sogar von 140. Die bekanntesten sind delta 9 Tetrahydrocannabinol (THC), dem die berauschende Wirkung beim Rauchen von Marihuana zugeschrieben werden kann und Cannabidiol (CBD), das in der Medizin zunehmend an Bedeutung gewinnt, da es keine psychoaktive Wirkung hat.
Um den Überblick zu behalten, werden die Cannabinoide der Cannabispflanze in Gruppen eingeteilt. Wir stellen dir die Cannabinoid Familien und ihre wichtigsten Vertreter hier vor:
THC | Tetrahydrocannabinol-artige THC Tetrahydrocannabinol Delta-8-Tetrahydrocannabinol Delta-9-Tetrahydrocannabinol THCA Tetrahydrocannabinolsäure THCV Tetrahydrocannabivarin | CBD | Cannabidiol-artige CBD Cannabidiol CBDA Cannabidiolsäure CBDV Cannabidivarin CBDVA Cannabidivarinsäure |
CBG | Cannabigerol-artige CBG Cannabigerol CBGA Cannabigerolsäure CBGV Cannabigerovarin CBGVA Cannabigerovarinsäure | CBC | Cannabichromen-artige CBC Cannabichromen CBCA Cannabichromensäure |
CBND | Cannabinodiol-artige | CBN | Cannabinol-artige |
CBT | Cannabitriol-artige | CBE | Cannabielsoin-artige |
CBL | Cannabicyclol-artige | CBT | Cannabicitran-artige |
CBCN | Cannabichromanon-artige | Isocannabinoide |
Gut zu wissen: Neben den Cannabinoiden enthält eine Cannabis Sativa L Pflanze auch über 120 Terpene und 21 Flavonoide. Die jeweilige Zusammensetzung dieser pflanzlichen Inhaltsstoffe ist abhängig von der Sorte, der geografischen Herkunft und auch der Lagerung. Durch gezielte Zucht können diese Verhältnisse verändert werden. Dadurch ergeben sich auch die unterschiedlichen Wirkungen der daraus erzeugten Cannabisprodukte.
Welche Wirkungen haben die verschiedenen Cannabinoide?
Die Erforschung der Cannabinoide ist ein recht junger Zweig der Wissenschaft und es kommen immer wieder neue Erkenntnisse dazu. Viele der Cannabinoide wirken schmerzlindernd und entzündungshemmend, einige sogar antibakteriell oder tumorhemmend.
Wir geben dir hier einen Überblick über einige nachgewiesene und vermutete Wirkungen der wichtigsten Cannabinoide. Zu etlichen davon findest du ausführliche Artikel in unserem Cannabinoidlexikon, das wir ständig für dich erweitern!
THC | psychoaktiv, schmerzlindernd, appetitanregend, tumorhemmend, krampflösend |
CBD | schmerzlindernd, krampflösend, gegen Übelkeit, schlaffördernd, antipsychotisch |
CBC | beruhigend, antidepressiv |
CBG | entzündungshemmend, antibakteriell |
CBGA | schmerzlindernd, entzündungshemmend |
THCA | nicht psychoaktiv, entzündungshemmend, krampflösend |
THCV | appetitzügelnd, stimuliert Knochenwachstum |
CBDA | schmerzlindernd, entzündungshemmend |
CBN | antibakteriell, schlaffördernd |
CBDV | antiepileptisch, stimuliert Knochenwachstum |
Mit der zunehmenden Legalisierung von Cannabis wird die Forschung auch wirtschaftlich immer interessanter und zahlreiche Studien beschäftigen sich mit dem potenziellen Nutzen von Cannabisprodukten.
Tetrahydrocannabinol (THC) wird in der Medizin unter dem Namen Dronabinol als begleitende Therapie bei Krebserkrankungen (z.B. gegen Übelkeit und Erbrechen bei Chemotherapie) oder bei chronischen Schmerzen eingesetzt. Die Psychoaktivität wird allerdings von Patienten mitunter als Nachteil empfunden.
Cannabidiol (CBD) stellt hier eine nicht-psychoaktive und auch legale Alternative dar. Durch die Eröffnung der vielen CBD-Shops in den letzten Jahren versuchen immer mehr Menschen bei leichten Beschwerden oder einfach zur Steigerung des individuellen Wohlbefindens Medikamente durch CBD Produkte zu ersetzen.
Was ist der Entourage Effekt?
Wie bereits beschrieben, wirken viele Cannabinoide in dieselbe Richtung (Stichwort schmerzlindernd), manche bewirken aber auch gegenteiliges. So wirkt THC zum Beispiel appetitanregend, THCV hingegen appetitzügelnd. CBD scheint die psychoaktiven Eigenschaften von THC einzudämmen und während dich THC in Euphorie versetzen kann, macht dich CBN müde.
Außerdem finden sich im Hanf auch noch andere Substanzen wie Terpene und Flavonoide, die teilweise ebenfalls pharmakologische Wirkung aufweisen. Die einzelnen Wirkstoffe können sich gegenseitig verstärken oder auch abschwächen und wirken in ihrer Gesamtheit effektiver als allein. Man spricht in diesem Zusammenhang vom Entourage Effekt.
Die Zusammensetzung an Cannabinoiden, Terpenen und Flavonoiden variiert beim Cannabis von Sorte zu Sorte und jede Sorte hat so ihr eigenes Wirkprofil. Bei Vollspektrum Ölen sind alle Wirkstoffe der Pflanze enthalten – Aufschluss über den jeweiligen Gehalt an Cannabinoiden gibt dir das Analysezertifikat.
Wie entstehen Cannabinoide? Aller Anfang ist sauer!
Zur Frage, wie die verschiedenen Phytocannabinoide in der Hanfpflanze entstehen, kann die Forschung schon einige Antworten geben: Die Hanfpflanze bildet ihre Cannabinoide zunächst in Form von Säuren, Carboxylsäuren um genau zu sein. Das heißt, an jedem Cannabinoid-Molekül hängt in der Pflanze – chemisch gesehen – zunächst eine Säuregruppe (COOH) dran. Durch Hitze, Licht und Alterung kann sich diese Säuregruppe abspalten und das Cannabinoid nimmt eine andere Form an und wird „aktiviert“. Die Cannabinoidsäuren in der Pflanze sind also eigentlich Vorläufer der bekannten Cannabinoide wie THC oder CBD.
Ob es sich um solch einen Vorläufer oder ein aktives Cannabinoid handelt, erkennst du am Buchstaben A im Namen (von der englischen Bezeichnung für Säure: Acid). Aus THCA wird also THC, aus CBDA wird CBD und aus CBCA wird CBC. Eine Ausnahme dabei ist CBGA.
CBGA ist praktisch die Ursuppe, oder besser „Ursäure“, aller Cannabinoide. Aus ihr entstehen in der Pflanze mittels Enzymreaktion (Synthase) die anderen Cannabinoide in ihrer sauren Form (CBDA, THCA und CBCA). Durch Entfernen der Säuregruppe entsteht aus CBGA CBG.
Gut zu wissen: In ihrer sauren Form sind Cannabinoide – und zwar alle – nicht psychoaktiv!
Dekarboxylierung: Macht die Säuregruppe weg
Im Zuge der Dekarboxylierung verlieren Cannabinoide ihre Säuregruppe, auch Carboxy-Gruppe genannt (daher heißt es „De-Karboxy-lierung“). Dies geschieht durch Erhitzen – ursprünglich durch Rauchen, Räuchern oder Kochen. Heute gibt es natürlich andere vor allem gezieltere und effizientere Methoden.
Erst durch diese Abspaltung werden die Cannabinoide passend gemacht für unsere Cannabinoid Rezeptoren. In ihrer sauren Form sind die Moleküle nämlich schlicht zu groß um in die Rezeptoren zu passen – dies gilt besonders für die CB1 Rezeptoren.
Können Cannabinoide schlecht werden?
Auch Cannabinoide werden nicht vom Zahn der Zeit verschont – Licht, Sauerstoff, Hitze und auch die Luftfeuchtigkeit können ihre chemische Struktur verändern. Mit der Dekarboxylierung ist die “Entwicklung” also noch nicht abgeschlossen.
Für Cannabisprodukte wie CBD Öle bedeutet das, dass mit der Zeit die potenzielle Wirkung abnimmt. Bei THC ist bekannt, dass es gar zu CBN (Cannabinol) umgewandelt wird – dann verliert es seine psychoaktive Wirkung und macht müde statt high.
Fazit
Den Cannabinoiden verdankt die Hanfpflanze ihren jahrtausendealten Ruf als Heil- und Rauschpflanze. Sie ähneln in ihrer Struktur den Endocannabinoiden im menschlichen Körper, die als Botenstoffe wichtige Vorgänge steuern. Durch diese Ähnlichkeit können die Cannabinoide der Pflanze an die Cannabinoid Rezeptoren in unserem Nervensystem andocken und ihre Wirkung entfalten.
Die bekanntesten Cannabinoide sind THC und CBD. Zu ihnen gibt es zahlreiche Studien und Forschungsergebnisse – dennoch sind noch viele Fragen ungeklärt.
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Quellen